#quotes

Kunst, Musik & Literatur

„Der traditionelle Kunstbegriff hat nachgewiesen, dass er in einer Nischenexistenz der Gesellschaft lebt, dass er den Gestaltungsbegriff nicht beziehen kann auf jeden Menschen, der in dieser Gesellschaft lebt, und ganz bestimmt nicht beziehen kann auf alle Problemfelder, die vor uns liegen und nach Gestaltung drängen, oft auch nach radikaler Umgestaltung, ja Umstülpung von Prinzipien und Ideen drängen.“

Joseph Beuys: Fernsehinterview mit Hermann Schreiber, 1980.

„Wir kommen weit her,
liebes Kind,
und müssen weit gehen.
Keine Angst,
alle sind bei Dir,
die vor Dir waren.
Deine Mutter,
Dein Vater
und alle, die vor ihnen waren,
weit weit zurück.
Alle sind bei Dir,
keine Angst.
Wir kommen weit her
und müssen weit gehen,
liebes Kind.“

Heinrich Böll: Gedicht für seine [damals siebenjährige] Enkelin Samay, 1985.

„Wie oft geschieht es doch, dass uns ein Zweifel, ob wir den einen oder den anderen Weg einschlagen sollen, ein unerklärlicher Beweggrund bestimmt, eine andere Richtung zu nehmen, als diejenige, zu welcher uns Absicht, Neigung oder Vorteil geführt hätten. Wir wissen nicht, welche Macht dabei über uns waltet; aber nachher entdecken wir, dass wir, wenn wir den Weg eingeschlagen hätten, auf welchen uns die Klugheit zu leiten schien, auf den Weg unseres Verderbens oder Untergangs geraten wären.“

Daniel Defoe: Robinson Crusoe, 1719.
[Deutsche Übersetzung 1922; Englischer Originaltitel: "The Life and Strange Surprizing Adventures of Robinson Crusoe of York, Mariner: Who lived Eight and Twenty Years, all alone in an un-inhabited Island on the Coast of America, near the Mouth of the Great River of Oroonoque; Having been cast on Shore by Shipwreck, wherein all the Men perished but himself. With An Account how he was at last as strangely deliver’d by Pirates. Written by Himself"]

„Schläft ein Lied in allen  Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt fängt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.“

Joseph von Eichendorff: Wünschelrute, 1835.

"Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den andern,
Jeder ist allein.

Voll von Freunden war mir die Welt,
Als noch mein Leben licht war;
Nun, da der Nebel fällt,
Ist keiner mehr sichtbar.

Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unentrinnbar und leise
Von allen ihn trennt.

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
Jeder ist allein."

Herman Hesse: Im Nebel, 1905.

"Alles an ihm war alt, nur seine Augen nicht, und die hatten dieselbe Farbe wie das Meer und waren heiter und unbesiegt."

Ernest Hemingway: Der alte Mann und das Meer, 1951.
[Englischer Originaltitel: "The Old Man and the Sea"]

"Aufgestanden ist er, welcher lange schlief,
Aufgestanden unten aus Gewölben tief.
In der Dämmrung steht er, groß und unbekannt,
Und den Mond zerdrückt er in der schwarzen Hand.
[...]"

Georg Heym: Der Krieg, 1911.
[Nur erste Strophe des Gedichts]

"The living culture of Central Europe was cut in the '30s, and all the intellectuals went to the U.S. or to France, or they were eliminated. We take back that culture of the '30s at the point where it was left, and this one a spiritual level [...]."

Ralf Hütter [Mitbegründer von Kraftwerk]: Interview mit Rock & Folk Magazine, 1976.

„Ich glaube, man sollte überhaupt nur noch solche Bücher lesen, die einen beißen und stechen. Wenn das Buch, das wir lesen, uns nicht mit einem Faustschlag auf den Schädel weckt, wozu lesen wir dann das Buch? […] Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.“

Franz Kafka: Brief an Oskar Pollak, 27.01.1904.

"[...] Gelang es ihr, so war dies ein berauschender Moment: Die Seele stieg an die Oberfläche des Körpers wie die Mannschaft eines Schiffes, die aus dem Schiffsbauch stürmt, das ganze Deck überschwemmt, zum Himmel winkt und singt.”

Milan Kundera: Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins, 1988.
[Französischer Titel der Erstausgabe "L’Insoutenable Légèreté de l’être", 1984]

"Der Mensch soll um der Güte und Liebe willen dem Tode keine Herrschaft einräumen über seine Gedanken."

Thomas Mann: Der Zauberberg, 1924.

"Dem Problem der Toleranz dürften Sie kaum gewachsen sein, Ingenieur. Prägen Sie sich immerhin ein, dass Toleranz zum Verbrechen wird, wenn sie dem Bösen gilt."

Thomas Mann: Der Zauberberg, 1924.

"Auf Sylt hatte er, in weißen Hosen, sicher, elegant und ehrerbietig am Rande der mächtigen Brandung gestanden wie vor einem Löwenkäfig, hinter dessen Gitter die Bestie ihren Rachen mit den fürchterlichen Reißzähnen schlundtief ergähnen lässt. Dann hatte er gebadet, während ein Strandwärter auf einem Hörnchen denjenigen Gefahr zublies, die frecherweise versuchten, über die erste Welle hinauszudringen, dem herantreibenden Ungewitter auch nur zu nahe zu kommen, und noch der letzte Auslauf des Katarakts hatte den Nacken wie ein Prankenschlag getroffen."

Thomas Mann: Der Zauberberg, 1924.

"An diesem Abend brach die Hölle los. Die Unterwelt hatte ihre Pforten aufgetan und ihre niedrigsten, scheußlichsten, unreinsten Geister losgelassen. Die Stadt verwandelte sich in ein Alptraumgemälde des Hieronymus Bosch: Lemuren und Halbdämonen schienen aus Schmutzeiern gekrochen und aus versumpften Erdlöchern gestiegen. Die Luft war von einem unablässig gellenden, wüsten, hysterischen Gekreische erfüllt, aus Männer- und Weiberkehlen, das tage- und nächtelang weiterschrillte. Und alle Menschen verloren ihr Gesicht, glichen verzerrten Fratzen; die einen in Angst, die anderen in Lüge, die anderen in wildem, haßerfülltem Triumph. [...] Was hier entfesselt wurde, hatte mit der ‚Machtergreifung‘ in Deutschland, die nach außen hin scheinbar legal vor sich ging und von einem Teil der Bevölkerung mit Befremden, mit Skepsis oder mit einem ahnungslosen, nationalen Idealismus aufgenommen wurde, nichts mehr zu tun. Was hier entfesselt wurde, war der Aufstand des Neids, der Mißgunst, der Verbitterung, der blinden böswilligen Rachsucht – und alle anderen Stimmen waren zum Schweigen verurteilt. […] Hier war nichts losgelassen als die dumpfe Masse, die blinde Zerstörungswut, und ihr Haß richtete sich gegen alles durch Natur oder Geist Veredelte. Es war ein Hexensabbat des Pöbels und ein Begräbnis aller menschlichen Würde."

Carl Zuckmayer: Als wär's ein Stück von mir. Horen der Freundschaft, 1966.

„‚Ewige Rechte und ewige Freundschaft soll man bestätigen und befestigen mit Schrift, weil im Laufe der Zeit vergangener und vergänglicher Dinge bald vergessen wird.‘ In diesem Satz liegt der Sinn meiner Erzählung.“

Carl Zuckmayer: Als wär's ein Stück von mir. Horen der Freundschaft, 1966.